Ein Wald und sein Meer

Ein leises Rauschen aus den Baumwipfeln und die Stimmen der Vögel – mehr ist nicht zu hören mitten in der Rostocker Heide. Es duftet nach Holz und Gras. Ein paar Schritte weiter aber ändern sich die Eindrücke: Das Rauschen kommt von den Ostseewellen, es riecht nach Salzwasser. Wer hier unterwegs ist, gönnt sich eine Kur für alle Sinne.
Torsten Maaß kennt das alles seit Jahren, heute ist er als zertifizierter Begleiter für Waldprävention unterwegs. „Als Agraringenieur stand ich schon immer auf der grünen Seite“, erzählt er. „Ich hatte immer Freude an der Natur und habe das gern anderen vermittelt.“ Inzwischen hat er eine Ausbildung im Bereich Waldtherapie und -prävention absolviert – und da gibt es einen Unterschied: „Unter den Teilnehmern waren zum Beispiel Physiotherapeuten, die behandeln jetzt Leute, die schon bestimmte Krankheiten haben. Bei mir geht es darum, von vornherein gesund zu bleiben, also Vorsorge zu betreiben.“

Diese mächtige Eiche nennt er den „Elefant“.
Und nötig ist es. Denn Studien zeigen zum Beispiel, dass heutzutage nur noch ein Drittel der Kinder draußen spielt. „Und der Anteil psychischer Erkrankungen steigt – das muss sich ändern“, meint Maaß. „Ich möchten den Kindern, aber natürlich auch Erwachsenen zeigen, was die Natur uns geben kann.“
Das ist nicht wenig: Bei einem Waldspaziergang reduzieren sich die Stress-Hormone, der Blutdruck sinkt, die Atmung vertieft sich. „So nehmen wir Terpene auf, also ätherische Öle, mit denen die Bäume untereinander kommunizieren“, weiß der Naturexperte. „Und die tun unserem Immunsystem gut: Schon nach zwei Stunden im Wald ist ein Effekt nachweisbar, der sogar einige Tage anhält.“ All dies ist längst wissenschaftlich bewiesen. Gerade in Fernost gehört Waldtherapie schon lange zum normalen Angebot – und nun auch in Graal-Müritz.

Im Wald kann man wunderbar entspannen und dabei alle Sinne schärfen. Hören, riechen, spüren – und die Vielfalt der Grüntöne lädt zum aufmerksamen Beobachten ein.
Ein ganz besonderer Ort
Die Luft in dieser Gegend ist einzigartig: Rund um den Ort liegt die Rostocker Heide, ein Mischwald, der mit 60 Quadratkilometern Fläche etwa so groß ist wie der gesamte Schweriner See. Und diese Oase aus Bäumen, Heideland und Moor grenzt über viele Kilometer direkt an die Ostsee. „Der Sauerstoff des Waldes mischt sich mit dem Jod und Salz des Meeres“, erklärt Maaß. „Das macht die Luft so heilsam.“
Das erkannte schon ein Arzt vor 140 Jahren und gründete das Kinderhospiz. So entwickelte sich im Ort einer der ersten Kurbetriebe an der Ostseeküste. Heute gibt es fünf Kurkliniken in Graal-Müritz, insgesamt kommen etwa 20 Prozent der Gäste aus gesundheitstouristischen Gründen hierher. Die Luft enthält wenig Staub oder Allergene, dafür umso mehr Sauerstoff. Seit 2020 ist ein Teil des Areals als Kurwald zertifiziert. Es wurden Wanderwege angelegt und Ruhezonen mit Outdoor-Liegen geschaffen, Schautafeln weisen auf die einheimische Tier- und Pflanzenwelt hin.
Im Klangwald können die Besucher natürlichen Instrumenten sanfte Töne entlocken, im Aktivwald gibt es Trimm-dich-Geräte und einen Barfußpfad. Aber Torsten Maaß geht mit seinen Gästen zwei bis drei Stunden lang direkt in die Rostocker Heide. „Ich sage ihnen, wir gehen nach Hause“, erzählt er. „Denn wir kommen ja ursprünglich alle aus dem Wald, deshalb beruhigt uns das so.“ Er spricht ihre Sinne an, lässt sie ganz bewusst sehen, hören und fühlen. „Das ist ein Genuss und die totale Entspannung.“

Torsten Maaß weiht Kinder und Erwachsene in die Geheimnisse des Waldes ein: Manche Bäume zeigen sogar rätselhafte Gesichter!
Dieser Artikel stammt aus dem Urlaubsmagazin Fischland-Darß-Zingst 2025.
Text: Dörte Rahming - wortlaut-rostock.de
Fotos: ©Voigt & Kranz UG - ostsee-kuestenbilder.de
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